Editorische Vorbemerkung

Das Besucherbuch von Kunsthaus und Museum Fridericianum 1769-1796

Zur Quelle:

Das Besucherbuch von Kunsthaus und Museum Fridericianum ist in der Handschriftenabteilung der Universitätsbibliothek Kassel unter der Signatur 20 Ms.Hass. 471 überliefert. Der Band umfasst neben dem Titelblatt und zwei Vorsatzblättern 513 Seiten, davon 449 beschriftete. Die Seitenzählung (römische Ziffern für die Vorsatzblätter, arabische für das Besucherverzeichnis) erfolgte vermutlich 1955, als Hans Vogel sich intensiver mit dem Buch befasste und seine 1956 erschienene Publikation vorbereitete (s. Literaturverzeichnis).

Der überwiegende Teil der Einträge von Besucher und Besucherinnen erfolgte eigenhändig. Die ersten Einträge nahm jedoch der Kustos der landgräflichen Sammlungen Rudolf Erich Raspe (1736-1794) vor; seine Handschrift findet sich bis zu seiner Flucht aus Kassel 1775 immer wieder. Oftmals kommentierte oder ergänzte er die Eintragungen (z.B. löste er einen Inkognito-Namen auf oder setzte Berufs- oder Ortsangaben hinzu). Auch spätere Kustoden oder Museumsaufseher, deren Identität sich leider nicht erschließen ließ, fügten immer wieder einzelne Informationen zum jeweiligen Besuch(er) hinzu. Durchgängig findet sich, gleichfalls offensichtlich von Kustodenhand, die jeweilige Jahreszahl zu Beginn einer Seite vermerkt.

Auf einigen Seiten wurden die Einträge pro Besuchstag/monat durchgezählt. Hin und wieder stößt man zwischen Besuchereinträgen auch auf allgemeine Angaben (im Alphabet unter AA) zum Museum (z. B. zur Neuaufstellung der Antiken im Museum Fridericianum). Beides wurde bei der Transkription miterfasst.

Zur Edition:

Die Transkription erfolgte im wesentlichen buchstabengetreu in der jeweiligen Sprache. Dabei wurde nicht unterschieden zwischen lateinischer und deutscher (Kurrent-)Schrift. Groß- und Kleinschreibung oder Zusammen- und Getrenntschreibung von Wörtern und Eigennamen folgten, sofern diese eindeutig sind, der Vorlage. Auch Zahlzeichen sind vorlagentreu wiedergegeben (z. B. 7bris für Septembris). Ebenso folgte die Interpunktion der Vorlage. Langes s (Schaft-s) wurde als rundes wiedergegeben; ss, ß und sz wurden beibehalten; u und v sowie i und j erscheinen gleichfalls zeichengetreu. Das ÿ ist durchweg als y wiedergegeben. Umlaute mit hochgestelltem e wurden umgewandelt in ae, oe oder ue. Geminationsstriche (Doppelung eines Konsonanten durch einen Überstrich) sind durchgehend aufgelöst. Doppelter Binde- bzw. Trennstrich (=) wurde zu einfachem Strich (-).

Doppelpunkte in der Funktion als Abkürzungszeichen wurden zu einfachen Punkten. Endhaken und sonstige Kürzel wurden, falls möglich, aufgelöst (in eckigen Klammern). Abkürzungen wurden beibehalten, falls nötig oder möglich aber kommentiert (z. B. „M.“ als mögliche Abkürzung für „Monsieur“ oder Initiale des Vornamens). Belassen sind zeitübliche Abkürzungen wie „S. A. S.“ (Son Altesse Serenissime), „cand.“ (= Candidatus) , „Capit.“ (= Capitain) oder „stud. jur.“ (= studiosus juris); vgl. dazu auch das Literatur- und Abkürzungsverzeichnis.

Zeilenumbrüche innerhalb eines Personeneintrags wurden mit Schrägstrichen gekennzeichnet.

Alle Personen-Eintragungen sind in der chronologischen Reihenfolge durchnummeriert, falls nötig ergänzt um weitere Personen („in Begleitung seiner Eltern“, „mit Frau“). Der Vermerk „Kein persönlicher Eintrag“ mit anschließender wiederholter Wiedergabe des Originaleintrags in runden Klammern findet sich bei Personen, die solcherart von Begleitern mitaufgeführt wurden.

Zusätze, die mehrere Personen und Zeilen umfassen (z.B. mit geschweifter Klammer: „…} Studiosi aus Göttingen“) sind in der Spalte „Sonstige Angaben“ vermerkt.

Unleserliche oder fragliche Stellen wurden mit (?) als solche gekennzeichnet. In runden Klammern finden sich auch weitere Zusätze der Bearbeiterin, etwa Hinweise zu irrtümlichen Datierungen und zu komplett durchgestrichenen oder später eingefügten Textstellen oder die Auflösung (mit dem Zusatz =) von Unterführungszeichen wie z. B. Gänsefüßchen oder lange Striche.

Schriftwechsel innerhalb eines Eintrags oder Zusätze von anderer Hand wurden, sofern sie eindeutig zu erkennen sind, als solche benannt.

Im Personenalphabet sind Mitglieder regierender Häuser nicht – wie sonst vielfach üblich – unter ihrem Vornamen, sondern unter dem Namen des jeweiligen Territoriums eingeordnet. Dies ermöglicht, im alphabetischen Besucherverzeichnis auf einen Blick erkennen, welche oder wieviele Mitglieder einer Familie sich in das Besucherbuch eingetragen haben.

Französische Familiennamen, die mit Le, La oder Du beginnen, wurden so eingefügt, als ob diese Wörter Bestandteil des jeweiligen Namens wären (die französische Adelspartikel d‘ wird bei dieser alphabetischen Einordnung jedoch nicht als Namensbestandteil behandelt).

Frauen sind unter dem Namen angeführt, unter dem sie sich selbst eintrugen bzw. eingetragen wurden. Bei Mehrfachbesuchen und inzwischen eventuell erfolgter Heirat, Scheidung oder Wiederverheiratung wurde ebenso verfahren und auf den Ersteintrag verwiesen.

Ähnlich sind später geadelte Personen unter ihrem bürgerlichen Namen angeführt (gegebenenfalls das „von“ in runden Klammern dazu gesetzt), oder Adlige bei späterer Rangerhöhung unter dem aktuellen Rang zum Zeitpunkt des Museumsbesuchs aufgelistet.

Die Transkription, Auswertung und Kommentierung des jeweiligen Besuchereintrags in insgesamt 28 Datenbankfeldern ermöglicht dem Nutzer eine Fülle von Abfragemöglichkeiten, wobei das Personenalphabet sicherlich die am meisten genutzte Recherchevariante sein dürfte. Fehlerhafte Transkriptionen und entsprechende Personenaufnahmen ließen sich angesichts der Fülle des zu verarbeitenden Materials sicherlich nicht ganz vermeiden, zumal bei nicht eigenhändigen Einträgen auch die mehr phonetische denn orthographisch korrekte Notierung der Namen eine zusätzliche Fehlerquelle birgt. Doch dienen die der Edition beigegebenen Digitalisate des Originals sowie die bibliographischen Angaben der Überprüfbarkeit des Geleisteten. Für alle Fehler bittet die Bearbeiterin mit den Worten Jacob Grimms, der von 1816 bis 1829 als Bibliothekar im Museum Fridericianum tätig war, um Verständnis:

"Wir alle sind auf diesem felde (= der Wissenschaft) irrtümern und fehlern ausgesetzt, aber nur dann zur arbeit unberufen, wenn wir es nicht verstehen, mehr zu finden als zu verfehlen."

(Brief von Jacob Grimm an Carl Christian Rafn, 24. Juni 1825)

Andrea Linnebach